Lieber Fritz,

einmal Bundeskanzler sein, das wär‘ doch was! Aber wie wird man das nur? Die gute Nachricht ist: Prinzipiell kann jeder und jede Deutsche ab 18 Jahren Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler werden – man muss dafür noch nicht einmal in den Bundestag gewählt sein. Die schlechte Nachricht lautet: In der Praxis ist es dann doch etwas schwieriger, Bundeskanzler zu werden.

Fritz Planko (7) aus Bad Säckingen.
Fritz Planko (7) aus Bad Säckingen. | Bild: Planko

Grundsätzlich gilt: Der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin wird vom Bundestag gewählt, und zwar auf Vorschlag des Bundespräsidenten. Aber in Wirklichkeit schlägt der Bundespräsident nur jemanden für das Amt der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers vor, auf deren oder dessen Wahl sich vorher die Parteien im Bundestag geeinigt haben. Bei der Kanzlerwahl im Bundestag selbst muss dann die Kandidatin oder der Kandidat die Stimmen von mindestens der Hälfte aller Abgeordneten des Bundestages plus eine zusätzliche Stimme erhalten (die sogenannte „Kanzlermehrheit“).

Dieser Teil der Antwort auf Deine Frage ist noch relativ einfach. Viel schwieriger zu beantworten ist es, wie man tatsächlich Kandidatin oder Kandidat für die Wahl zur Bundeskanzlerin oder zum Bundeskanzler wird. Du weißt ja wahrscheinlich, dass es im jetzigen Bundestagswahlkampf drei Kandidaten gibt, die von ihren Parteien als „Kanzlerkandidaten“ bezeichnet werden. Das sind Annalena Baerbock für die Grünen, Olaf Scholz für die SPD und Armin Laschet für CDU und CSU.

Wie also wird man Kanzlerkandidat? Auf diese Frage gibt es, ehrlich gesagt, nur sehr allgemeine Antworten. Ob man einmal Aussicht hat,
Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler zu werden, hängt einerseits davon ab, ob man die Mitglieder der eigenen Partei überzeugen kann, dass man für die Partei am meisten Stimmen holt. Andererseits spielen aber auch die verschiedenen Strömungen in den Parteien eine Rolle und wem man zutraut, die verschiedenen Gruppen in der Partei am besten für den Wahlkampf zu mobilisieren.

Als Daumenregel könnte man sagen: Um Kanzlerkandidatin oder Kanzlerkandidat zu werden, muss man seine eigene Partei überzeugen, dass man die beste Person für das Amt ist. Um anschließend auch wirklich Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler zu werden, muss man nach der Wahl mehr als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten von sich überzeugen.

Prof. Dr. Wolfgang Seibel
Prof. Dr. Wolfgang Seibel | Bild: Jürgen Graf

Ich hoffe, dass Dir diese Erklärung hilft. Wenn Du weitere Fragen hast, dann schreib‘ uns doch wieder!

Dr. Wolfgang Seibel ist Professor für Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz.

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