Neue Tempolimits für Autos und Lastwagen aus Lärmschutzgründen: Was in vielen Gemeinden schon gang und gäbe ist, will auch die Doppelstadt in Angriff nehmen, um Anwohner stärker vor Verkehrslärm zu schützen. Insgesamt nimmt die Stadt neun Straßenabschnitte ins Visier, vier im Stadtbereich Villingen, fünf in Schwenningen.

In St. Georgen gilt seit Anfang April sogar auf der Bundesstraße 33 zwischen 22 und 6 Uhr Tempo 30. In Gutach müssen Autos und Lastwagen seit 2022 auf der B33 auf zehn Kilometer Länge nachts Tempo 30 einhalten.

Es gibt noch viele weitere Beispiele. Tempolimits aus Lärmschutzgründen breiten sich überall aus. Hintergrund ist die vom Verkehrsministerium des Landes beschlossene Lärmaktionsplanung, die von den Kommunen umgesetzt werden muss. Die Stadt Villingen-Schwenningen schlägt nun bei der Umsetzung der Stufe 4 des Lärmaktionsplans ebenfalls mehrere Tempobegrenzungen vor.

Die Lärm-Schwerpunkte in Villingen

Ein von der Stadt beauftragtes Ingenieurbüro hat in Villingen vier und im Bereich Schwenningen fünf Lärmschwerpunkte identifiziert. Im Gemeinderat wurden diese Ergebnisse jetzt vorgestellt.

Bild 1: Stadt schlägt weitere Tempo-Limits vor
Bild: Schönlein, Ute

In Villingen sind es drei Wohnbereiche entlang der Bundesstraße 33: im Abschnitt zwischen Berliner und Vockenhauser Straße, im Abschnitt zwischen Bickebergschule und Schwenninger Straße sowie entlang des Fürstenbergrings. Ein weiterer Lärmschwerpunkt bildet demnach die Bertholdstraße zwischen Romäusring und Kaiserring.

Die Lärm-Hotspots in Schwenningen

In Schwenningen vom Verkehrslärm besonders betroffen sind die Sturmbühlstraße (L173), die Arminstraße (L173), die Schützenstraße (L423) zwischen dem Vorderen See und der Alten Poststraße, die Alte Herdstraße (L423) zwischen Jakob-Kienzle- und Erzbergstraße sowie ein Teilstück der Neckarstraße (L423).

Bild 2: Stadt schlägt weitere Tempo-Limits vor
Bild: Schönlein, Ute

Für die drei Lärmschwerpunkte an der B33 schlägt die Stadt ein nächtliches Tempolimit auf 70 Kilometer pro Stunde zwischen 22 und 6 Uhr vor. Bisher gilt hier Tempo 80. Wobei es Sinn machen dürfte, so urteilte der Lärmschutzexperte Uwe Frost (Büro Bernard Gruppe ZT GmbH) im Gemeinderat, künftig den gesamten Bereich der B33 im Stadtbereich Villingen auf Tempo 70 zu reglementieren.

Ein nächtliches Tempo 30 zwischen 22 und 6 Uhr schlägt die Stadtverwaltung in der Bertholdstraße vor, um die Anwohner besser vor ...
Ein nächtliches Tempo 30 zwischen 22 und 6 Uhr schlägt die Stadtverwaltung in der Bertholdstraße vor, um die Anwohner besser vor Verkehrslärm zu schützen. | Bild: Burger, Tatjana

Für die Bertholdstraße schlagen die Lärmexperten ein nächtliches Tempo 30 vor. Ebenso für die Sturmbühl-, Armin- und Neckarstraße in Schwenningen. In der Schützenstaße und Alten Herdtstraße soll sogar ganztags Tempo 30 eingeführt werden.

Bürger können Stellungnahme abgeben

Die Öffentlichkeitsbeteiligung der Lärmaktionsplanung ist von Donnerstag, 25. April, bis Donnerstag, 23. Mai, möglich. Die Bürger können melden, wo eine Lärmbelastung durch den Verkehr stattfindet. Das geht auf der Internetseite der Stadt online über ein digitales Formular sowie im Schwenninger Rathaus, im Raum 206. Dies wird in die Planung mit einfließen. Der Gemeinderat wird dann voraussichtlich in seiner Juli-Sitzung über die Vorschläge entscheiden.

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Ortschaften sind nicht betroffen

Stadträtin Diana Kern-Epple (CDU) war verwundert, dass die kleinen Stadtbezirke bei diesen Lärmschutzvorschlägen leer ausgehen sollen. Silvie Lamla, die Leiterin des Tiefbauamtes, erklärte, dass die Ortschaften die vorgegebenen Anforderungen an die Lärmemissionen nicht erfüllt hätten.

Für die Grünen zu wenig

Ulrike Salat (Grüne) monierte, dass die vorgeschlagenen Tempolimits leider nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“ seien. Sie bedauerte, dass der liberale Bundesverkehrsminister den Kommunen keine Freiheit gebe, selbst über Tempo-30-Zonen zu entscheiden.

Bernd Lohmiller (SPD) stellte fest, dass die B33 die stärkste Lärmbelastung verursache. Forderungen nach Flüsterasphalt und weiteren Tempo-Reduzierungen seien bislang nicht genehmigt werden. Er warf die Frage auf, bis wann wohl eine „Zähmung des Verkehrs mit Tempo 30“ in Villingen-Schwenningen gelingen könne.

Er wittert Ungleichbehandlung beim Lärmschutz: SPD-Stadtrat Bernd Lohmiller.
Er wittert Ungleichbehandlung beim Lärmschutz: SPD-Stadtrat Bernd Lohmiller. | Bild: SPD VS

Bremsen die Behörden im Landkreis?

Denn es sei sehr verwunderlich, dass in umliegenden Landkreisen schon längst viele Lärmschutzmaßnahmen mit Tempo 30 durchgesetzt wurden, kaum aber im Schwarzwald-Baar-Kreis. Lärmexperte Uwe Frost erläuterte, dass diese Entscheidungen sehr stark vom Abstand der Straßen zu den Siedlungen abhängig seien. Eine große Rolle spiele auch die Länge einer angrenzenden Besiedlung. „Der Rest ist Politik“, meinte der Fachmann. Letztlich entschieden die zuständigen Genehmigungsbehörden an einem Gesamtbild. Und da werde oft unterschiedlich geurteilt.

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Damit bleibt also, vorbehaltlich einer Zustimmung des Gemeinderates im Juli, abzuwarten, ob alle neun Vorschläge tatsächlich auch wie vorgeschlagen genehmigt werden. Auch Oberbürgermeister Jürgen Roth äußerte den Eindruck, dass im Bodenseeraum und „im Schwäbischen“ die Umsetzung von Lärmschutz mit Tempo 30 weitaus schneller genehmigt werde als bei uns.