In seinem Brief an die Eltern der Kikripp bezieht Oberbürgermeister Jürgen Roth jetzt ausführlich Position zum Streit um die Betriebskostenerstattung der Stadt an die private Kindertagesstätte Kikripp und erläutert zahlreiche Hintergründe. Hier die Stellungnahme des Stadtoberhauptes im Wortlaut.

„Froh und dankbar über die Kikripp“

„Liebe Eltern, die wichtigste Botschaft für Sie: Die Stadt hat keinerlei Interesse daran der Kikripp zu schaden, denn unterm Strich würde sich die Stadt damit selbst schaden, wenn sie dafür sorgt, dass Ihre Kita geschlossen werden muss! Deshalb ist es unser Bestreben, unser Möglichstes zu tun, um die Kikripp zu halten. Wer etwas anderes behauptet, will die Unwahrheit sagen!

In Villingen-Schwenningen sind aktuell 500 Kinder auf der Warteliste und benötigen dringend einen Kitaplatz. Das setzt Eltern massiv unter Druck und bei der Stadt besteht ein riesiges Interesse daran, so viele Plätze wie möglich anzubieten. Über die Kita-Plätze, die wir in der Bedarfsplanung von Seiten der Kikripp haben, sind wir sehr froh und dankbar. Es geht um aktuell 92 Plätze, wovon 80 in der regulären Bedarfsplanung sind und zwölf Plätze durch Überbelegung bestehen. Der Standard, den die Kinder in dieser Einrichtung erleben dürfen, setzt Maßstäbe, da sind wir uns einig.

Oberbürgermeister Jürgen Roth wendet sich jetzt direkt an die Eltern und spricht Klartext. Das Bild stammt aus dem Dezember 2023.
Oberbürgermeister Jürgen Roth wendet sich jetzt direkt an die Eltern und spricht Klartext. Das Bild stammt aus dem Dezember 2023. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Wir bedauern ausdrücklich, dass seitens des Trägers Wege eingeschlagen werden, die weit weg von den Tatsachen sind. Das tut der Stadtgesellschaft und vor allem den Kindern nicht gut und stresst sie ohne Not. Die Eltern sollen Entlastung und Beratung erfahren und nicht fehlgeleitet werden. Wir appellieren an die Vernunft, damit die Kita fortgeführt werden kann – zum Wohle der Kinder!

„Ehrliche Kommunikation“

Trotzdem ist die Situation aktuell für die Stadt und die Kikripp keine einfache. Ein Gespräch mit mir am Montag, 6. Mai, hat aufgezeigt, dass die Kikripp und die Stadt bezüglich der Auslegung des Vertrages unterschiedlicher Auffassung sind. Eine transparente und ehrliche Kommunikation ist mir sehr wichtig, weshalb ich mich nun direkt auch an Sie, die Eltern, wenden möchte.

Die Aussage, die von Seiten der Kikripp getätigt wurde: „Eine Fünf-Sterne-Kita ist hier in VS nicht gewünscht, das wäre weder politisch noch städtisch vorgesehen gewesen – so unser OB Jürgen Roth“, die über verschiedene Kanäle publiziert wird, ist unwahr. In unserem Gespräch am Montag habe ich erneut und wie in der Vergangenheit auch schon immer, mehrfach das tolle Angebot der Kikripp gelobt.

Blick auf die Kindertagesstätte Kikripp in der Hermann-Schwer-Straße in Villingen, aufgenommen im Juli 2023.
Blick auf die Kindertagesstätte Kikripp in der Hermann-Schwer-Straße in Villingen, aufgenommen im Juli 2023. | Bild: Göbel, Nathalie

Ich betonte dort aber auch, dass wir mit den Steuergeldern unter Berücksichtigung der anderen Träger keine hochwertigste und aufwändige Pädagogik (Fünf-Sterne) mit 100 Prozent unterstützen können, da Ziel der Stadt sein muss, mit den wenigen städtischen Mitteln so viele Kinder wie möglich gut betreuen zu können. Vielmehr kann die Kikripp Zuschüsse nur in der Höhe von der Stadt erhalten, wie sie andere Träger mit vergleichbaren Verträgen auch erhalten.

Andere, noch bessere Standards bedürfen dann anderer, zusätzlicher Beiträge oder Gelder, die jedoch nicht seitens der Stadt geleistet werden können, da alle Träger gleichbehandelt werden müssen. Darüber wurde seitens Kikripp niemals gesprochen oder dieselben gefordert; die bestehenden Regelungen im Vertrag mit der Stadt bieten jedenfalls keine Rechtsgrundlage für weitergehende Zuschüsse.

Darum geht es jetzt

Um was geht es in der Sache? Es ist richtig, dass die Stadt Rückforderungsansprüche in nicht unerheblicher Summe stellen muss. Möglichkeiten, die Rückzahlung so durchzuführen, dass die Kikripp aktuell weiter agieren kann, werden derzeit ausgelotet, hierzu ist es aber auch erforderlich, dass seitens der Kikripp konstruktive Vorschläge zur Fortführung unterbreitet werden. Das hat nichts mit einem Wahlkampf zu tun, sondern sollte die Pleite abwenden!

Derzeit sieht sich die Stadt jedoch nur mit einer generellen Ablehnung von Rückforderungsansprüchen konfrontiert. Die Kita erhält, wie jede andere Kita in freier Trägerschaft, eine 100-prozentige Bezuschussung der Personal-, Sach- und Betriebskosten. Damit sichern wir den ordnungsgemäßen Betrieb von Kitas vollumfänglich ab. Dazu erhält die Kikripp einen Mietkostenzuschuss von 10,50 Euro pro Quadratmeter obendrauf. Damit wollen wir die Investitionen der Eigentümer GmbH ausgleichen.

Investiert, ohne die Stadt zu informieren

Jedoch heißt das immer auch, wenn etwas investiert wird, dann spricht man mit demjenigen, der die Kosten ersetzen soll. Tatsächlich war es aber leider so, dass man investiert hat, ohne vorherige Information der Stadt, und danach werden die Ansprüche errechnet, um den Ausgleich durch die Stadtgemeinschaft zu bekommen.

Zwergenaufstand: Zur ersten Protestaktion formieren sich Erzieherinnen, Kinder und Eltern am Villinger Rathaus.
Zwergenaufstand: Zur ersten Protestaktion formieren sich Erzieherinnen, Kinder und Eltern am Villinger Rathaus. | Bild: Patricia Beyen

Seit 2018 sind nachweislich sehr viele Gespräche dokumentiert. Allein in 2024 waren es schon mehrere persönlich geführte Gespräche und weitere Austausche, in denen gegenüber der Geschäftsführung verdeutlicht wurde, welche Kosten von der Stadt finanziert werden und welche noch nie bezuschussungsfähig waren. Es geht dabei also um Investitionskosten, die nach vertraglicher Vereinbarung nicht erstattungsfähig sind, weil die Kikripp dafür die Mietkostenzuschüsse erhält.

Dazu kommen Personalkosten (nicht die der Fachkräfte), die seit dem ersten Tag als nicht förderfähig deklariert wurden. Die seit Monaten andauernden Gespräche und unsere unentwegte Bitte zur Einreichung von aussagekräftigen Belegen, damit die Summe reduziert werden kann, ist nicht wirklich beherzt von Seiten des Trägers angegangen worden. Das ist der Grund dafür, warum Ausgaben weiterhin unbelegt sind. Auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarung werden alle Belege, die erstattungsfähig sind, selbstverständlich angerechnet.

Unterlagen nicht transparent aufbereitet

Vertraglich nicht vereinbarte Kosten, wie Investitionskosten, sind jedoch nicht erstattungsfähig, auch wenn entsprechende Belege eingereicht werden; dies ist der Kikripp seit langem bekannt. Die Abrechnungen der Kikripp sind sehr umfangreich und komplex, sodass dies auch für die Stadt eine große Herausforderung darstellt. Nicht zuletzt liegt dies daran, dass die von Kikripp eingereichten Unterlagen nicht transparent und nachvollziehbar aufbereitet wurden. Die hohe Summe ist auch dem geschuldet, dass die Abrechnungen über die Jahre aufgrund fehlender Belege nicht abgeschlossen werden konnten.

An der Kindertageseinrichtung Kikripp hängt seit Anfang Mai ein großes Protestplakat.
An der Kindertageseinrichtung Kikripp hängt seit Anfang Mai ein großes Protestplakat. | Bild: Hoffmann, Claudia

Ein Bescheid nach Aktenlage wäre sicherlich schon früher notwendig gewesen, doch im Vertrauen darauf, dass nur die Kosten eingereicht werden, die auch erstattungsfähig sind, wurden weiterhin (von der Stadt) die geforderten Abschlagszahlungen geleistet.

Mit anderen Trägern keine Probleme

Die Stadt hat mit einigen freien Trägern Verträge, die auf der gleichen Grundlage (Mietkostenzuschuss) beruhen und zu keinerlei Problemen führen. Die Stadt wird die freien Träger nicht unterschiedlich behandeln. Sie muss den ordnungsgemäßen Betrieb einer Kita sicherstellen. In den Verträgen ist geregelt, was darunterfällt.

Wenn ein freier Träger einen höheren Anspruch an die Unterbringung und Betreuung der Kinder stellt, ist das nicht automatisch über die Zuschüsse der Stadt abgedeckt. Was über den gewöhnlichen Bedarf hinaus geht, muss mit der Stadt verhandelt und im Zweifel auch hinterfragt werden, ob die vertragliche Grundlage weiterhin ausreichend ist. Höhere Zuschüsse können jedoch nicht durch die Stadt finanziert werden.

Ein weiteres Thema, das jüngst als „Anschwärzen“ deklariert wurde, war der Termin des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) in der Kita. Er war darin begründet, dass die Kikripp ihren gesetzlichen Meldepflichten gegenüber dem KVJS, auch nach wiederholter Ansprache unsererseits, nicht nachgekommen ist. In solchen Fällen ist es die gesetzliche Pflicht der Stadt, nachdem wir entsprechende Kenntnis erlangt haben, die Meldung eigenständig zu vollziehen.

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Einen Termin aufgrund einer solchen Meldung mit einem Kita-Träger auszumachen, liegt dann im Ermessen und der Zuständigkeit des KVJS und nicht der Stadt. Wir sind aber genauso erleichtert, dass bei der Nachprüfung nichts festgestellt wurde. Alles andere ist aus dem Reich der Fantasie und völlig abwegig.

Stadt muss gesetzliche Pflichten erfüllen

Die Aufregung hätte man sich sparen können, wenn man seine Pflichten erfüllt hätte. Auch hier gilt: Wir wollen keinen Schaden anrichten, aber gesetzliche Pflichten müssen wir erfüllen und daran führt kein Weg vorbei.

Wie geht es weiter? Von Seiten der Stadt möchte ich verdeutlichen, dass wir gerne auch weiterhin an einer Zukunft Ihrer Kikripp arbeiten. Kein Geheimnis ist: Stand jetzt gehen wir davon aus, dass eine juristische Klärung notwendig sein wird, wer wem was zu zahlen hat. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Lösungen sind nicht in Stimmungsmache zu finden, sondern in der gemeinsamen Aufarbeitung. Gerne komme ich mit Ihnen in den Dialog, wenn für Sie noch Fragen offen geblieben sind. Melden Sie sich gerne an: ob@villingen-schwenningen.de