Die Bundeswehr braucht dringend Nachwuchs. In vielen Bereichen der Armee herrscht ein „erheblicher Personalmangel“, wie der Bericht der Wehrbeauftragten für 2023 zeigt. Oberhalb der Laufbahn der Mannschaften sind demnach rund 18 Prozent der militärischen Dienstposten unbesetzt. Die Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist längst zurück auf der politischen Tagesordnung.

Ruf nach Bundeswehr-Besuchen an Schulen

Doch auch die Schulen rücken zunehmend in den Fokus der öffentlichen Debatte. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte Schulen im März dazu auf ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. Sie halte es für wichtig, sogenannte Jugendoffiziere in den Unterricht einzuladen.

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Karim Yacout ist Jugendoffizier in Freiburg. Zusammen mit einem Kollegen betreut er Schulen zwischen Konstanz und Achern bei Baden-Baden. In Donaueschingen waren sie 2024 bereits zweimal – je einmal am Fürstenberg Gymnasium und den Gewerblichen Schulen. „Völlig abgetrennt von der Personalwerbung sind wir lediglich dafür da, Sicherheitspolitik – auch deutsche Sicherheitspolitik – zu erklären und in den Diskurs zu treten“, beschreibt Yacout seinen Beruf.

Jugendoffizier Karim Yacout spricht bei einer Schulveranstaltung über sicherheitspolitische Herausforderungen im 21. Jahrhundert.
Jugendoffizier Karim Yacout spricht bei einer Schulveranstaltung über sicherheitspolitische Herausforderungen im 21. Jahrhundert. | Bild: Bundeswehr

Der 30-Jährige studierte bei der Bundeswehr Politikwissenschaften und arbeitete zuletzt als Ausbilder für Auslandseinsätze. Nun ist er ausschließlich für Schulbesuche zuständig, die ihm zufolge meist aus einem Vortrag mit anschließender Diskussionsrunde bestehen. Inhaltlich könne er sich an den Wünschen der Lehrkräfte orientieren und über unterschiedliche sicherheitspolitische Herausforderungen im 21. Jahrhundert informieren, in die er sich zuvor einarbeite, so der Jugendoffizier.

Werbung für die Bundeswehr ist verboten

Werbung für eine Karriere bei der Bundeswehr dürfen er und seine Kollegen dabei ausdrücklich nicht machen. Das schreibt eine Kooperationsvereinbarung zwischen baden-württembergischem Kultusministerium und Bundeswehr seit 2014 vor. Darin verpflichten sich die Jugendoffiziere zugleich, „die Grundsätze des Beutelsbacher Konsenses einzuhalten.“ Dieser regelt unter anderem, dass alles, was in Wissenschaft und Politik kontrovers diskutiert wird, auch im Unterricht kontrovers erscheinen muss.

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Bei Fragen zu Berufsmöglichkeiten in der Bundeswehr könne er deshalb nur an die Karriereberatung verweisen, sagt Yacout. Wenn Schülerinnen und Schüler ihn nach persönlichen Erfahrungen in der Bundeswehr fragten, sei er dazu verpflichtet, Positives wie Negatives hervorzuheben.

Reiner Jäger findet Besuche in Ordnung

Im Januar war Yacout in einer Berufsschulklasse der Gewerblichen Schulen in Donaueschingen zu Gast. Schulleiter Reiner Jäger steht dem Thema grundsätzlich offen gegenüber, „solange neutral informiert wird“. Die Veranstaltung war an seiner Schule die erste dieser Art. In früheren Jahren habe es aber freiwillige Veranstaltungen mit Soldatinnen und Soldaten aus der Donaueschinger Kaserne gegeben, sagt Jäger.

Bei seinem Besuch im Januar sprach Yacout nun über Ursachen und Verlauf des Konflikts in Mali sowie die Aufgaben der Bundeswehr vor Ort. „Ich denke mal, er hat sich daran gehalten, dass das keine Werbemaßnahme war in dem Vortrag“, meint Schulleiter Jäger. „Von dem her sehe ich da keine Verstrickungen, weil es wirklich um ein Lehrplanthema ging.“

Reiner Jäger, Leiter der Gewerblichen Schulen, sieht in Besuchen der Bundeswehr grundsätzlich kein Problem – solange es um ein Thema des ...
Reiner Jäger, Leiter der Gewerblichen Schulen, sieht in Besuchen der Bundeswehr grundsätzlich kein Problem – solange es um ein Thema des Bildungsplans und nicht um Werbung geht. | Bild: Simon, Guy

Mehr als einen Bundeswehrbesuch pro Schuljahr wolle er aber nicht. Ob das Kollegium über den Besuch diskutiert habe, kann Jäger nicht genau sagen. Er habe zumindest nichts mitbekommen. Auch aus der Schüler- oder Elternschaft hätten ihn keine Reaktionen erreicht. Allerdings bestehe die Klasse auch nur aus volljährigen Schülerinnen und Schülern.

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Wenn eine Lehrkraft unbedingt Bundeswehr in die Schule einladen wolle, ginge dies aus ihrer Sicht nur, wenn auch zivile Organisationen als Gegenpart eingeladen würden. Eine kritische Auseinandersetzung könne sonst nicht funktionieren, so Stein.

Aktuell keine Besuche an Donaueschingens Realschule

Angesichts der öffentlichen Diskussion habe auch das Kollegium der Realschule Donaueschingen über Veranstaltungen mit Jugendoffizieren diskutiert, schreibt Rektorin Katja Fox auf Anfrage des SÜDKURIER. Es habe aber schon seit längerer Zeit keinen Besuch mehr gegeben. Aktionen in früheren Jahren seien für Schülerinnen und Schüler teilweise auf freiwilliger Basis gewesen.

„Eltern beschweren sich oft über Verschiedenes, aber zu dieser Veranstaltung gab es keine Beschwerden.“Katja Fox, Rektorin Realschule
„Eltern beschweren sich oft über Verschiedenes, aber zu dieser Veranstaltung gab es keine Beschwerden.“Katja Fox, Rektorin Realschule | Bild: Stadtverwaltung Donaueschingen

An negative Rückmeldungen kann sich Fox nicht erinnern: „Wir informierten die Eltern über diese Veranstaltung. Es ist mir nicht bekannt, dass Eltern gesagt hätten, dass es nicht tragbar ist. Eltern beschweren sich oft über Verschiedenes, aber zu dieser Veranstaltung gab es keine Beschwerden.“

Insgesamt hält Fox das Thema für relevanter als noch vor einigen Jahren. „Wir haben trotzdem aktuell keine Veranstaltungen geplant und denken darüber nach, falls wir angeschrieben werden.“ Aktiv suche die Schule nach dem Angebot nicht.