Niedereschach – „Biolandwirtschaft und artgerechte Tierhaltung – wie soll das gehen? Wie können die kleinen und mittelgroßen landwirtschaftlichen Betriebe gegen die große Argrarindustrie bestehen?“ Diesen und weiteren Fragen stellten sich die Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun (MdL) aus Linachtal und Christoph Trütken aus Bad Dürrheim jetzt bei einem Informationsabend Niedereschacher Ortsgruppe von Bündnis 90/Die Grünen. Beide betreiben eine Biolandwirtschaft.

Martina Braun und Christoph Trütken stellten ihr Hofkonzept vor, worauf eine lebhafte, konstruktive und sachliche Diskussion folgte. Unter anderem wurde dabei bedauert, dass man in den Schulen nicht mehr lernt, wie man ein gutes Essen selbst zubereitet und viele Kinder mit Fertiggerichten aufwachsen. Ein Besucher wies darauf hin, dass Biolebensmittel viel teurer seien als konventionell produzierte Lebensmittel und viele Leute sich die teuren Biolebensmittel nicht mehr leisten können. Wenn einem gute Lebensmittel wichtig seien, solle man sich diese leisten und lieber auf andere Konsumgüter verzichten, entgegnete Trütken.

iPhone, aber kein Vesper

Elisabeth Beck-Nielsen bestätigte diese Aussage und wies darauf hin, dass viele Schüler ein iPhone für 600 Euro besitzen, gleichzeitig aber kein Vesper im Schulranzen haben und das Schulmittagessen womöglich noch von der Sozialhilfe oder dem Arbeitsamt bezahlt bekommen. „Lehrer bekommen manchmal vor Schulbeginn einen Anruf, dass der oder die Schüler später kommt, weil er oder sie im Aldi noch etwas zum Vesper kaufen müsse“, wusste Beck-Nielsen zu berichten. Dieses bestehe dann oft aus einer Milchschnitte, einem Bifi oder einer Fertigpizza.

Billig und viel sei die Devise bei der Mehrheit der Konsumenten beim Einkauf. Die Folge: die Qualität werde schlechter und führe zu mehr Massentierhaltung und Massenproduktion. Die kleinen Bauern verdienen dann nichts mehr und hören auf, so der Tenor der Diskussion. Einig waren sich alle Anwesenden, dass die Wertschöpfung in der Region bleiben und man deshalb regionale Lebensmittel kaufen sollte. Die regionalen Anbieter müssten sich zusammenschließen und ein gemeinsames Vermarktungskonzept organisieren, so lautete eine weitere Anregung.

Martina Braun wies darauf hin, dass es beim Landratsamt eine Broschüre gibt, in der alle regionalen Anbieter aufgeführt seien. Christoph Trütken wies darauf hin, dass er mit Blick auf ein Vermarktungskonzept schon mehrere Anläufe unternommen und Landwirte eingeladen habe. Es seien aber nur wenige der Einladung gefolgt. Diskutiert wurde auch über Fragen rund um die Tierhaltungsformen und welche Rolle diese spielen.

Dass sich in der Landwirtschaft nicht das große Geld verdienen lasse, konnte Martina Braun aus eigener Erfahrung bestätigen. Eine ihrer Erfahrungen stimmte die Besucher nachdenklich: Einer ihrer Söhne, der in der Industrie arbeitet und freitags um 12 Uhr Feierabend und Wochenende habe, verdiene mehr als drei Arbeitskräfte auf dem Hof, die zudem noch, wie in der Landwirtschaft üblich, an sieben Tagen in der Woche im Einsatz seien.

Mit Spannung warten die Niedereschacher Grünen und die Landwirte aus Niedereschach und Umgebung auch auf die Auswertung und Ergebnisse der Aktion „Parlament statt Protest“. Bekanntlich hatte die grüne Landtagsfraktion Landwirtinnen und Landwirte in den Landtag eingeladen, um über deren Ideen und Forderungen der Landwirtschaft zu sprechen.