Die Sache mit der haushohen Favoritenrolle ist Nemo, 24 Jahre alt und mit vollem Namen Nemo Mettler, natürlich nicht entgangen. „Das ist krass, doch ich möchte da gar nicht so sehr drauf achten. Viel wichtiger ist es, bei sich selbst zu bleiben und hochkonzentriert, aber mit viel Freude, an die Sache ranzugehen. Ich fokussiere mich auf meinen Auftritt und will in Malmö einfach einen möglichst tollen Job machen.“

Aber logisch, ein bisschen aufgeregt sei Nemo schon. „Ich gehe mit einer gewissen Nervosität in die Show, aber mit einer positiven Nervosität. Der Spaß steht eindeutig im Mittelpunkt.“ Bilder von den Proben lassen eine furiose Show erwarten: eine pinke Federjacke, zottelige, ebenfalls pinke Moonboots, Nemo steht auf einer großen runden Plattform zum Balancehalten.

Nemo – hier im April bei der Nordic Eurovision Party in Stockholm – steht der bisher größte Auftritt bevor.
Nemo – hier im April bei der Nordic Eurovision Party in Stockholm – steht der bisher größte Auftritt bevor. | Bild: Christine Olsson/TT News Agency/AFP

Seine Liebe zum ESC, sagt Nemo, sei riesig. „Für mich war dieser Wettbewerb immer unglaublich spannend. Als Kind saß ich bei meinen Großeltern vor dem Fernseher, schaute mir diese einzigartige Welt an und dachte nur: Wow.“ Nach einer Justin-Bieber-Phase („Sein Poster hing über meinem Bett“) kam die Abba-Phase. „Wir hatten die ‚Best of‘-CD zu Hause, und ich glaube, ich habe keine andere Band so häufig gehört wie Abba. Bis heute finde ich diese Musik unglaublich inspirierend.“

„The Code“ heißt das Lied, mit dem Nemo für die Schweiz antritt. Es handelt sich um ein ziemlich wildes, 194 Sekunden langes, Stück Musik. Pop, Rap, Drum And Bass, Falsettgesang, Oper – zu behaupten, dass in diesem Song eine Menge passiert, wäre noch untertrieben. „In dem Song steckt sehr vieles von dem drin, was ich musikalisch bisher so gemacht habe“, sagt Nemo.

Neue Regeln beim ESC

Unterhaltsam jedenfalls ist die Nummer, die ohne die Drei-Minuten-Regel beim ESC wohl deutlich länger geworden wäre, in jedem Fall. Es geht um Selbstsuche und Selbstfindung im Allgemeinen, in Nemos Fall ums Herauskristallisieren der geschlechtlichen Identität im Speziellen. Nemo definiert sich als nicht binär, also als weder Mann noch Frau. „Anfangs hatte ich keine Worte und keine Definition für dieses Gefühl. Es war ein Herantasten, bis ich endlich zu mir selbst stehen konnte und wusste: So, wie ich bin, so bin ich gut.“

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Schon 2015 feierte Nemo mit Mundart-Rap in der Schweiz große Erfolge, „Du“ kam bis auf Platz vier. Nemo lernte als Kind schon Geige, Klavier und Schlagzeug, machte in der Schule bei Opernaufführungen mit und spürte irgendwann, dass das Rap-Korsett zu eng wurde. Nemo zieht nach Berlin („Eine sehr offene und einladende Stadt“), experimentiert mit englischsprachiger Musik, und steht nun möglicherweise kurz vor der ganz großen internationalen Karriere.

„Meine Eltern“, sagt Nemo mit einem Schmunzeln, „haben mir meinen Namen gegeben, „weil Nemo auf Lateinisch niemand heißt. Sie meinten, wenn ich niemand bin, dann kann ich alles werden.“