Es seien nicht die Großbrände, die den größten Eindruck hinterlassen, sagt Kevin Graf. Der 32-Jährige ist Hauptbrandmeister bei der Feuerwehr Konstanz und einer von sechs Feuerwehrleuten, die dem SÜDKURIER aus ihrem Alltag berichten. Großbrände seien vor allem fordernd und zeitintensiv, so Graf. „Es sind eher die Dinge, die mit Menschen zu tun haben, die einem in Erinnerung bleiben.“

Hauptbrandmeister Kevin Graf: „Es sind eher die Dinge, die mit Menschen zu tun haben, die einem in Erinnerung bleiben.“
Hauptbrandmeister Kevin Graf: „Es sind eher die Dinge, die mit Menschen zu tun haben, die einem in Erinnerung bleiben.“ | Bild: Simon Conrads

Einmal sei er frühmorgens zu einem Verkehrsunfall auf der Schänzlebrücke gerufen worden, berichtet Graf. Ein Mann war mit einem Transporter auf die Mittelleitplanke gefahren, hatte wahrscheinlich ein medizinisches Problem am Steuer.

Rund eine Dreiviertelstunde hätten Feuerwehr und Notarzt vergeblich versucht, den Mann zu reanimieren. Bis alle Arbeiten abgeschlossen waren und der Verstorbene abtransportiert wurde, sei einige Zeit vergangen. „Dann sitzt man da so auf der Leitplanke“, sagt Graf.

Im Osten sei die Sonne aufgegangen, seine Schicht war kurz vor dem Ende und er plante, den schönen Tag zu genießen. „Links von dir liegt aber der Mann und erlebt diesen Tag gar nicht mehr“, sagt Graf. „Das war so ein Bild, das bleibt.“

Das könnte Sie auch interessieren

Kameraden sind auch nach dem Einsatz füreinander da

In ihrem Amt erleben Feuerwehrleute viele Szenen, die ihnen im Kopf bleiben, das wird in den Gesprächen deutlich. Umso wichtiger, scheint es, dass die Kameraden sich untereinander austauschen und über das Erlebte reden können. Das sagt auch Thomas Noll, der seit 1987 in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv ist. „Das ist eigentlich das A und O: Dass man solche Sachen im Kreis derer bespricht, die es mitgemacht haben, da weiß jeder, worum es ging.“

Thomas Noll von der Freiwilligen Feuerwehr: „Klar findet die Frau das nicht immer toll, wenn man plötzlich wegrennt.“
Thomas Noll von der Freiwilligen Feuerwehr: „Klar findet die Frau das nicht immer toll, wenn man plötzlich wegrennt.“ | Bild: Simon Conrads

Der 50-Jährige erinnert sich an den Brand im Kinderhaus Edith Stein oder im Schuhhaus Haug in der Konstanzer Innenstadt 2010, an diverse Dachstuhl- und Kellerbrände bei denen er im Einsatz war. „Das ist schon eine zweite Familie“, sagt Noll über die Feuerwehr. Die Arbeit schweiße zusammen und ermögliche persönliche Freundschaften.

Natürlich gebe es auch unpassende Zeitpunkte, in denen der Alarm losschlägt. „Klar findet die Frau das nicht immer toll, wenn man plötzlich wegrennt“, sagt Noll. Das gehöre aber nun mal dazu, darum sei man in der Feuerwehr.

Das könnte Sie auch interessieren

Rauch im Schwaketenbad wirkte fast wie Theaternebel

Bennet Pahl hebt den Aspekt der Kameradschaft ebenfalls hervor. Der Pilot ist aus Norddeutschland an den Bodensee gezogen und mittlerweile Abteilungskommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Litzelstetten. „Das erleichtert den Einstieg in eine neue Stadt“, sagt er über das Engagement in der Feuerwehr. „Man hat sofort zwanzig gute Bekannte.“

Bennet Pahl, Abteilungskommandant in Litzelstetten: „Das sah total interessant aus, da waren leichte Nebelschwaden drin.“
Bennet Pahl, Abteilungskommandant in Litzelstetten: „Das sah total interessant aus, da waren leichte Nebelschwaden drin.“ | Bild: Simon Conrads

Er nennt zwei Einsätze, die ihm in Konstanz besonders in Erinnerung geblieben sind. Einmal sei das der Brand des Schwaketenbads im Jahr 2015. Pahl erzählt, dass er damals mit Atemschutz noch im Gebäude unterwegs war, um Wertsachen aus Schränken zu holen, bevor das Feuer loderte.

Er habe dann einen Blick in die Schwimmhalle werfen können. „Das sah total interessant aus, da waren leichte Nebelschwaden drin“, sagt Pahl. „Das sah aus wie Theaternebel.“ Kurz nachdem er und seine Abteilung abgezogen waren und andere Feuerwehrleute übernommen hatten, seien die Flammen hoch in den Himmel gestiegen.

(Archivbild) Es ist wohl eines der letzten Bilder aus dem Schwaketenbad, das uns von Oberbürgermeister Uli Burchardt zur Verfügung ...
(Archivbild) Es ist wohl eines der letzten Bilder aus dem Schwaketenbad, das uns von Oberbürgermeister Uli Burchardt zur Verfügung gestellt wurde. Auf dem Foto sind die Rauchschwaden bereits zu erkennen. | Bild: Uli Burchardt | SK-Archiv

Aber: „Der Einsatz, der mich am nachhaltigsten beschäftigt, ist eigentlich ein völlig unspektakulärer“, sagt Pahl. Zunächst war ein Rettungsdienst wegen eines schreienden Kindes zu einer Wohnung alarmiert worden. Da bei den Sanitätern der Kohlenstoffmonoxid-Warner anschlug, wurde die Feuerwehr dazu gerufen. Bennet Pahl und seine Kollegen betraten also mit Atemschutz die Wohnung – und retteten daraus junge Eltern, „die waren genau im gleichen Alter, exakt gleiche Lebenssituation.“

Das Kohlenmonoxid war wohl wegen einer Fehlfunktion der Heizung ausgetreten. „Das Gas ist geruchslos und bringt einen leise um“, sagt Pahl. In der Feuerwehr hätte es daher eine Sammelbestellung von Kohlenmonoxid-Warnern gegeben, die dann unter dem Weihnachtsbaum landeten.

Das könnte Sie auch interessieren

Nach Flugzeugabsturz wurde den Helfern gedankt

Fabian Daltoe ist Leiter der Pressestelle der Feuerwehr Konstanz. Es gebe zwei Arten von denkwürdigen Einsätzen, sagt der 31-Jährige dem SÜDKURIER. Die Schlimmen, beispielsweise schwere Verkehrsunfälle, bei denen Personen zu Schaden kommen. Und die Schönen, „wo wir jemandem helfen konnten, der in Not war.“

Fabian Daltoe, Pressesprecher der Feuerwehr Konstanz: „Es gibt auch die Seite, wo die Leute uns als Dienstleister sehen.“
Fabian Daltoe, Pressesprecher der Feuerwehr Konstanz: „Es gibt auch die Seite, wo die Leute uns als Dienstleister sehen.“ | Bild: Simon Conrads

Daltoe erwähnt den Absturz eines Kleinflugzeugs nahe dem Konstanzer Flugplatz im Frühjahr 2022, an den sich auch Tim Hoffmann erinnert. Der 27-Jährige ist in der Freiwilligen Feuerwehr, seit knapp 10 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich.

Kurz nach dem Abflug am Flugplatz Konstanz ging eine kleine Maschine mit zwei Insassen im Naturschutzgebiet Göldern zu Boden. Ab Mittag bis in die Nacht sei Hoffmann im Einsatz gewesen, habe viele Eindrücke bei dem Einsatz gesammelt, an die er immer wieder zurückdenke. Hoffmann sagt allerdings auch: „Das Beste ist, wenn wir keine Einsätze haben“, dann sei schließlich niemand in Gefahr.

Tim Hoffmann von der Freiwilligen Feuerwehr: „Das Beste ist, wenn wir keine Einsätze haben. Denn dann ist niemand in Gefahr.“
Tim Hoffmann von der Freiwilligen Feuerwehr: „Das Beste ist, wenn wir keine Einsätze haben. Denn dann ist niemand in Gefahr.“ | Bild: Simon Conrads

Fabian Daltoe berichtet, dass die beiden Insassen der Maschine nach dem Absturz auf der Feuerwache vorbeikamen, um sich zu bedanken. Es freue die Feuerwehrleute sehr, zu hören, dass sie alles richtig gemacht haben. „Es gibt auch die Seite, wo die Leute uns als Dienstleister sehen“, sagt Daltoe, Wertschätzung ist für die Feuerwehrleute also nicht selbstverständlich.

Das könnte Sie auch interessieren

Manche Einsätze sind kurios – und besonders spannend

Einen Aspekt hebt schließlich Felix Ritter hervor: das Kuriose. Ritter ist wie sein Kollege Fabian Daltoe Pressesprecher der Feuerwehr Konstanz. Seit 2022 arbeitet er in der Feuerwache Petershausen. Im selben Jahr, erinnert er sich, ist ein kurioser Alarm bei der Feuerwehr eingegangen.

Im Turm des Schnetztors hatte sich die Glocke gelöst und auf die Dachkonstruktion darunter gefallen. „Da fragt man sich dann: Was erwartet einen vor Ort? Man fährt da hin und muss irgendwie damit umgehen“, so Ritter. Solche Einsätze seien besonders spannend, da man derartiges in keinem anderen Beruf erlebe.

Felix Ritter, Pressesprecher der Feuerwehr Konstanz: „Was erwartet einen vor Ort? Man fährt da hin und muss irgendwie damit umgehen.“
Felix Ritter, Pressesprecher der Feuerwehr Konstanz: „Was erwartet einen vor Ort? Man fährt da hin und muss irgendwie damit umgehen.“ | Bild: Simon Conrads

Sicher ist: Den Retterinnen und Rettern der Konstanzer Feuerwehr bleibt nicht nur mancher Einsatz in Erinnerung, sondern auch ein Dank von ihren Mitbürgern – und das nicht nur am Florianitag.